Ich hatte ja schon mal einen Thread zum Zodiac eröffnet und über das geile Gefühl berichtet, in so einem Anzug zu stecken. Heute nun habe ich etwas getan, was schon lange auf meiner Todo-Liste steht: Eine Nachtwanderung. Ich versuche, das nun möglichst schnell aufzuschreiben, jetzt wo es noch frisch ist.
Ich hatte mir im Vorfeld eine Route herausgesucht, die ich nachts schon mehrmals und tagsüber einmal abgelaufen bin. So wusste ich, dass unter der Woche nach Mitternacht mit keinen Spaziergängern mehr zu rechnen war. Startpunkt war ein kleiner Parkplatz im Wald, Zielpunkt ein Aussichtsturm in der Nähe. Distanz: ca. 4km pro Weg, also 8km insgesamt.
Da ich morgen erst am Nachmittag auf der Arbeit antraben muss, entschied ich mich, es heute zu versuchen. Vorab: Das ist ein reiner Erfahrungsbericht, keine Geschichte mit einer unerwarteten Wendung. Keine Begegnungen mit erschrockenen Joggern oder Radlern, keine Gasmaske die streikt.
00:20 Uhr, beim Parkplatz angekommen stellte ich fest, dass er leer war. Gut, denn wäre es anders, hätte ich das Experiment wahrscheinlich verschoben. Aber so konnte ich mich gut umziehen. Unter dem Zodiac trug ich nur Socken und lange Unterwäsche. Es war ungefähr 5°C warm, also sollte das ausreichen. Nur zweimal fuhren Autos vorbei, bogen aber nicht in den Parkplatz ab. Ich stellte fest, dass es in der freien Natur ein bisschen schwieriger ist, den Zodiac anzuziehen, als zu Hause vor dem Spiegel. Da ich es im Laufe des letzten Jahres aber mindestens 30mal geübt hatte (eher mehr), klappte es relativ gut. Ich trug den Zodiac wirklich im Vollschutz-Modus, d.h. mit Verstärkungsringen in den Stiefeln und einem Filter an der Gasmaske.
Wege zu Aussichtstürmen sind naturgemäss mit Steigungen verbunden, und so war ich nicht sicher, ob ich mit dem Anzug überhaupt am Ziel ankommen würde. Vielleicht wurde es ja auch zu schwitzig und ich musste umkehren. Tja, es ist halt ein Experiment.
00:40 Uhr, ich lief los, nachdem ich mir nochmal vergewissert hatte, dass ich Handy, Autoschlüssel usw. dabei hatte. Meine grösste Sorge war die psychologische Überwindung, die es mich kosten würde, die ersten paar Kilometer im Zodiac hinter mich zu bringen und überhaupt loszulaufen. Es stellte sich aber raus, dass es einfacher ist als befürchtet, wenn man nicht so viel darüber nachdenkt. Was mir auch sofort aufgefallen ist: Unter Vollschutz läuft man automatisch ein bisschen langsamer, die Bewegungsfreiheit ist ein wenig eingeschränkt. Nachdem ich mich auf den ersten paar hundert Metern immer wieder paranoid umgeschaut hatte, rückte mir langsam die Situation ins Bewusstsein, in der ich mich befand und ich fing an, es richtig zu geniessen. Wer selbst einen Zodiac hat, dem muss ich das Gefühl ja nicht erklären, alle anderen können es im verlinkten Thread oben nachlesen.
01:09 Uhr, schneller als erwartet hatte ich ungefähr zwei Drittel der Strecke geschafft. Hier fand ich eine Sitzbank, und ich nutzte die Gelegenheit für ein Foto, das ich euch natürlich nicht vorenthalten möchte. Hier kristallisierte sich auch langsam heraus, dass ich mein Ziel wohl erreichen würde. Natürlich ist das Laufen anstrengender, speziell mit der konstanten Steigung, und natürlich muss man gegen den Widerstand des Gasmaskenfilters atmen, aber alles in allem war ich weniger K.O., als ich befürchtet hatte.
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Um 01:35 Uhr hatte ich dann endlich mein Ziel erreicht und ich befand mich ganz oben auf dem Aussichtsturm. Da, wo ich 2 Tage davor noch bei Tageslicht stand, mit ganz vielen anderen Besuchern um mich herum, war jetzt alles komplett leer. Ich genoss eine Viertelstunde die Aussicht und den Anzug und machte ein paar Fotos.
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Danach ging es zurück zum Auto. Um 02:43 Uhr zog ich mich wieder um. Einen kurzen Schreckmoment hatte ich auf den letzten Kilometern, als ich mir plötzlich einbildete, einen Radfahrer zu hören, der von hinten in meine Richtung gefahren kam. Es war aber nur das Geräusch des Anzugs beim Laufen. Während der ganzen Zeit bin ich niemandem begegnet.
Unter dem Strich blieben zwei Erkenntnisse: a) Die Angst, anderen Leuten über den Weg zu laufen, löst sich nach den ersten Kilometern und b) ich habe hier eine durchaus sportliche Leistung vollbracht, immerhin über 2 Stunden in Vollschutz verbracht und dabei 8km Strecke mit Steigungen zurückgelegt.
Verbesserungspotenzial sehe ich bei den Gummistiefeln, die Socken haben sich nach einer gewissen Zeit gelöst und aufgerollt, und beim rechten Gummistiefel hat sich gegen Ende der Wanderung der Metallspanner selbständig gemacht. Somit war der Stiefel nicht mehr richtig abgedichtet. Ansonsten war ich überrascht, wie gut das alles geklappt hat und dass alles so gelaufen ist wie geplant.
Ich hoffe, euch hat der Erfahrungsbericht gefallen und vielleicht kann ja der ein oder andere etwas davon mitnehmen.
Liebe Grüsse
Leonard
Ich hatte mir natürlich auch Gedanken gemacht, was passiert wenn mir doch jemand über den Weg läuft. Aber unter diesen Bedingungen in dieser Kluft unterwegs zu sein ist schwer vermittelbar, deswegen habe ich mir gar nicht erst eine Ausrede ausgedacht. Ist halt ein Fetisch, so what? Andere treiben's ja auch outdoor.
