Hemmungen unnötig

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Hemmungen unnötig

#1 Beitrag von Besucher » Mi 1. Nov 2023, 10:24

Ich selbst und viele von euch haben öfter von dem Schamgefühl geschrieben, die Kapuze vor den Eltern aufzuhaben, also besonders dann, wenn sie von jemand anderem oder von einem selbst aufgesetzt wurde. Meist hat man sie vor dem Heimkommen abgesetzt und unterwegs gehofft, nicht von ihnen oder Bekannten gesehen zu werden. Beim Nachdenken über verschiedene Situationen wird klar, wie völlig unnötig dieses Gefühl – zumindest bei mir - war.

Wie schon mal beschrieben war ich bei einem Nachbarsjungen. Wir beide hatten unsere Anoraks an. Nach einiger Zeit kam seine Mutter raus, setzte ihm die Kapuze auf und band sie zu. Bei mir machte sie das nicht. Einerseits hätte ich es sehr gern gehabt, dass sie auch mir die Kapuze aufgesetzt und zugebunden hätte, andererseits war ich im Blickfeld meiner Mutter und da wäre es mir äußerst unangenehm gewesen, wenn sie mich mit der Kapuze auf dem Kopf gesehen hätte. Nicht im Sinn aber hatte ich den Gedanken, dass ich das zu machen habe, was mir die entsprechenden Aufsichtspersonen sagten. Es wäre also sogar schlecht gewesen, zu bitten, die Kapuze unten zu lassen, wenn mir seine Mutter diese hätte aufsetzen wollen. Wenn ich an das damals gedacht hätte, hätte ich ja direkt fragen können: „Ich auch?“ Dann hätte sie mir meine Kapuze bestimmt auch aufgesetzt und zugeschnürt. Meine Mutter hätte bestimmt kein Wort darüber verloren. Ich hätte mich auch nicht „peinlich entschuldigen brauchen“.

Außerdem, wenn ich an die zurückliegende Situation denke, die mich damals jedoch emotional noch nicht berührte, wie mir ein Mädchen aus dem Bekanntenkreis, das ein paar Jahre älter war als ich, als wir von einer Veranstaltung zum Auto gehen wollten, ohne Anweisung meiner oder ihrer Eltern und ohne, dass sie es gesehen haben, die Kapuze meines Anoraks aufsetzte und fest zuband, erfolgte überhaupt kein Kommentar meiner Mutter. Ich hätte sie somit auch selbst aufgesetzt haben können, wenn ich damals schon dazu in der Lage gewesen wäre. Das wäre völlig o. k. gewesen, allerdings war ich zu der Zeit noch zu klein dafür.
Oder als ich Jahre später meinen Anorak mit der versteckten Kapuze neu hatte und ich mit einer anderen Familie ohne die Begleitung meiner Mutter eine Wanderung machte, rief sie mir beim Losgehen noch nach (vielleicht weil die Kapuze nicht sichtbar war, wie bei dem Steppanorak, den ich noch kurz vorher hatte): „Denk dran, du hast eine Kapuze!“, obwohl es zu dem Zeitpunkt eigentlich nicht aussah, dass ich sie brauchen würde. Der Gedanke war wohl, dass ich sie aufsetzen soll, wenn ich meine, sie zu brauchen. Hätte ich bei der Rückkehr die Kapuze aufgehabt, wäre das somit auch in Ordnung gewesen. Das Wetter gab es aber leider nicht her, dass ich mich getraut hätte. Heute würde ich schon ein Lüftchen als Begründung finden.
Und was mir damals – ich war auch noch sehr jung – garnicht in den Sinn kam: Das war ja keine außergewöhnliche Situation die nur für diese kurze Zeit beschränkt war. Das hieß ja gewissermaßen: „Setze deine Kapuze auf, wenn du meinst, sie zu brauchen.“ Das hätte ich ja dann auch später zuhause machen können. Ich hätte vielleicht garnichts sagen brauchen, wenn ich mir die Kapuze unterwegs aufgesetzt hätte und so nach Hause gekommen wäre oder eben: „Es ist mir kalt geworden.“ oder „Der Wind war unangenehm. Da habe ich die Kapuze aufgesetzt.“ oder so. Vielleicht hätte meine Mutter mich sogar gelobt, weil ich die Kapuze aufgesetzt habe. (Später dann – angeregt durch die Mutter meiner Freunde – war zum Radfahren grundsätzlich die Kapuze aufzusetzen und gut zuzubinden.)

Als mich ein Freund zur Fahrt mit dem Rad zum Hallenbad abholte war es so, dass ich wohl seit ein paar Tagen die Pudelmütze nicht mehr routinemäßig aufsetzen musste. Meine Mutter sah uns noch im Hof und sagte: „Du hast keine Mütze auf. Setzt auf dem Heimweg auf jeden Fall eure Kapuzen auf!“ Eine Topreaktion wäre gewesen: „Das kann ich ja auch jetzt schon machen.“ Das habe ich aber dummerweise verpasst. Ich hätte ja, was ich nicht wusste, die Mütze aufgehabt haben sollen. (Obwohl mein Freund dabei war, hätte ich auch nichts dagegen gehabt, wenn sie mir die Kapuze gleich selbst aufgesetzt und zugebunden hätte.)
Aber ca. 3 Jahre später, als ich mich für eine Radtour anzog, stand sie ebenfalls im Flur wie ich. Ich schlüpfte in meinen Anorak und setzte wie gewöhnlich meine Pudelmütze auf. Dann sagte ich – was eine große Überwindung für mich war –: „Damit es nicht am Nacken reinzieht, ziehe ich noch die Kapuze drüber“. Bevor meine Mutter auf die Idee mit einem Schal hätte kommen könnte, was höchstwahrscheinlich der Fall gewesen wäre, hatte ich die Kapuze schon bewusst schnell über die Mütze gezogen und fest zugebunden. Da gab es keinen Kommentar von ihr – war also völlig o. k.. Das hätte ich ja dann öfter machen können, war aber wieder zu feige. Noch dazu hat sie mir, wenn es entsprechend kalt war, ja selber die Kapuze über die Mütze gezogen und auch zugebunden. Das dann auf dem Rückweg selbst auch zu tun, habe ich wieder wegen der falschen Scham nicht gemacht. Meine Mutter hat mich ja so losgeschickt, weil es so kalt war. Also hätte ich ebenfalls mit der Kapuze über der Mütze heimkommen können. Ob sie gesagt hätte, dass ich das nicht brauche, glaube ich kaum. Und am Nachmittag für Besorgungen oder zum Fahren einfach so, wäre es dann logisch gewesen, auch wieder die Kapuze überzuziehen. Am nächsten Tag hätte es sich dann gezeigt, ob meine Mutter sie mir wieder überzieht oder nicht.

Wir brachten einmal Gäste zum Bahnhof. Es war nicht in der kalten Jahreszeit, in der ich automatisch meine Pudelmütze aufgesetzt hätte. Mir war aber während des Wartens kalt geworden, was ich hörbar bemerkte. „Setz doch deine Kapuze auf!“, hieß es da von meiner Mutter, als ob es das Normalste der Welt ist. Das habe ich dann natürlich sofort gemacht und sie auch fest zugeschnürt. Sie hätte sicher auch nichts gesagt, wenn ich es von mir aus getan hätte. Daraus folgt: Wenn ich auch bei anderen Gelegenheiten, wenn das Wetter entsprechend gewesen wäre, von mir aus meine Kapuze aufgesetzt hätte, wäre das für sie völlig in Ordnung gewesen.

Später dann kam der Durchbruch. Irgendwie kam ich schon länger mit meinen Haaren nicht zurecht – sie blieben nicht in Form. Da sagte ich dann mit größter Überwindung: „Die Mütze bringt beim Auf- und Absetzen die Haare durcheinander. Ich versuche das einmal mit der Kapuze.“ und zog die versteckte Kapuze dann aus der Rückeninnentasche meines Anoraks. Meine Mutter meinte nur, dass es dann wohl noch schlimmer mit den Haaren würde, aber wir haben darüber nicht weiter darüber diskutiert. Ich durfte sie auflassen. Ab dem Zeitpunkt hatte dann nicht mehr die Pudelmütze sondern die Kapuze die Priorität. Dabei blieb es dann auch.
Da es sich in dem Fall um eine versteckte und somit dünne Kapuze handelte, die noch dazu so groß war, dass ich sie nur locker zubinden konnte, weil sie sonst ohne Mütze drunter in die Augen gegangen wäre, hat meine Mutter, wie schon mal beschrieben, sie abgetrennt, mit Plüsch gefüttert und außen so angenäht, dass ich sie auch dann fest zubinden konnte, wenn ich keine Mütze drunter hatte. (Interessant war: Als sie damit fertig war, sagte sie, dass ich sie gleich mal draußen ausprobieren soll – ohne Mütze drunter.)
Beim nächsten Anorak hat sie bewusst darauf geachtet, dass er eine feste Kapuze hat. Die war mit Kordel und Klett zu verschließen. Sie ging beim Zubinden auch nicht in die Augen, konnte aber bei Bedarf noch eine Mütze drunter „schlucken“.

Für gute Zwecke hatte ich einen plüschgefütterten Parka, den ich gewöhnlich mit einer Mütze aus Fellimitat trug. Meiner Mutter gefielen Mützen. Den Parka musste/durfte ich auch auf dem Schulweg anziehen, wenn es besonders kalt war. Dann zog mir meine Mutter auch die Kapuze über die Mütze (plus Schal, Handschuhe usw.). Da ein Freund seinen Parka immer mit aufgesetzter Kapuze trug, machte ich auch den Vorschlag, statt der Mütze meine Kapuze aufzusetzen und für meine Mutter war es sofort o. k. Es gab keine Diskussion, obwohl sie ja Mützen besonders mochte. Das hätte ich also auch früher machen können. Eine Nachbarin sprach dann von meinem „Mantel mit der Kapuze“. (Wahr­scheinlich weil ich sie immer auf hatte.)
Es stimmt, meine Mutter mochte Mützen. Die erste Pudelmütze hat sie mir auch selbst gestrickt. Aber ich hätte nicht so zurückhaltend sein brauchen wenn ich berücksichtigt hätte, wie oft sie mir die Kapuze über die Mütze gezogen und dann zugebunden hat. Oder wie ihr außerhalb der kalten Jahreszeit (Mützenzeit) daran lag, dass ich nach dem Hallenbadbesuch meine Kapuze aufsetzte. An einmal kann ich mich noch erinnern, als sie mich vom Bad mit dem Auto abholte und es eigentlich gar nicht besonders kalt war, wie sie fast panisch rief: „Setz sofort deine Kapuze auf! Mach sie gut zu!“ Da die Kordel rausgegangen war, musste ich sie sogar im Auto zuhalten.

Wenn ich mich richtig erinnere, waren wir einmal zu spät zum Campingplatz gekommen und mussten im Auto übernachten. Es war Sommer, aber ich sollte für die Nacht meinen Anorak anziehen und die Kapuze aufsetzen.
Oder dass ich bei Regen, auch wenn es nicht kalt war, den Anorak mit aufgesetzter Kapuze unter dem Regencape haben sollte, damit ich die „angenehme Anorakkapuze“ an den Ohren habe und nicht direkt die „kalte“ Kapuze des Regencapes (obwohl mich das nicht gestört hätte).

In der Verbindung – Normalsituation: Anorak mit Pudelmütze. Bei Regen wäre es logisch: Dann das Regencape drüber. Ich sollte aber dann, falls nicht Mütze und Kapuze angesagt war, statt der Pudelmütze die Anorakkapuze aufsetzen. Wenn es dann auf dem Heimweg nicht mehr regnete und ich das Regencape eingepackt hatte, hätte ich ja normlerweise meine Pudelmütze aufgehabt, wie sonst. Jetzt wäre es logisch gewesen, die Kapuze aufzusetzen, aber das habe ich dann nicht gemacht. Dabei hätte ich mir doch wirklich nichts zu denken brauchen.

Auch wenn ich an die Bilder in den Alben denke – die aufgesetzte Kapuze war nichts Besonderes – pur oder über der Mütze.

Das konnte ich natürlich nicht vorher wissen, aber ein weiterer Beleg, dass sie für Kapuzen aufgeschlossen war, ist, wurde später ersichtlich. Da hat sie bei meinem Windbreaker und bei meiner festen Regenjacke die Kapuzenkordel durch einen strammen Gummi ersetzt mit dem Gedanken, dass sie ja sowieso immer aufgesetzt wird und ich sie dann nicht jedesmal zuzubinden brauche.

Ich mochte auch das Aufsetzen der Kapuze mit dem festen Gummi. Das hatte aber nichts damit zu tun, dass für mich das Zubinden unangenehm gewesen wäre. Damit hatte ich überhaupt keine Probleme, auch nicht, wenn mir meine Mutter vor anderen die Kapuze aufsetzte und zuschnürte.
In dem Fall war es ja auch eine gute Kombination: Anorakkapuze aufsetzen und zubinden und die Kapuze des Windbreakers einfach drüberziehen. Da konnten sich dann auch keine Kordeln verheddern.

Gegenüber anderen gab es in der Regel keine oder nur geringere Schamgefühle. Als ich – noch ganz jung – eine „Modenschau“ vor meinen Ersatzgroßeltern machte, als sie auf mich während der Abwesenheit meiner Eltern aufpassten, fragte ich beim Anorak: „Mit oder ohne Kapuze?“ Und im Rahmen dieser „Modenschau“ stellte ich mich auch im Regencape mit aufgesetzter, zugebundener Kapuze vor.

Als ich bei einem Spielkamerad war, zu dem ich ohne Anorak hingegangen war, kam Wind auf. Seine Mutter meinte: „Reingehen oder etwas anziehen!“ Er ging rein und es war auch nichts besonderes, was ich draußen hätte machen wollen, aber mich reizte das Anziehen und somit sagte ich, dass ich noch draußen bleiben möchte. Sie kam dann mit einem Anorak von ihm und zog ihn mir gleich an, setzte mir dabei wie selbstverständlich die Kapuze auf und band sie zu. Ich genoss es.

Oder als wir Besuch hatten, meine Mutter aber nicht da war und die beiden mit mir einen Spaziergang machten. Ziemlich schnell merkten sie: „Es sieht nach Regen aus.“ Ich sagte, dass ich schnell nach Hause renne und meinen Anorak und mein Regencape anziehe. Aber leider wollten sie umkehren.

Oder als ich einmal für ein paar Tage bei Bekannten war, war es nur eine kleine Überwindung, als es kühl wurde, meine Kapuze aufzusetzen und sie zu genießen – auch im Auto. Erst in der Wohnung habe ich sie abgesetzt.

Oder bei einer Wanderung mit einer befreundeten Familie ohne meine Mutter, wie ich das Gespräch bewusst unauffällig auf die Kapuze gebracht habe, so dass mir empfohlen wurde, sie aufzusetzen und sie mir dann auch gleich zugebunden wurde. Und das, obwohl deren Sohn sie zu dem Zeitpunkt nicht auf hatte, was eher ungewöhnlich war, weil er, wenn er den Anorak anzog, eigentlich automatisch seine Kapuze aufsetzte. Uns ist auch niemand mit aufgesetzter Kapuze begegnet. Ich habe sie aber aufgelassen, auch im Auto, bis wir in der Wohnung waren. Und ich fühlte mich superwohl.

Gast

Re: Hemmungen unnötig

#2 Beitrag von Gast » Sa 11. Nov 2023, 17:47

Ich bin mit dem Rad in der Stadt gewesen, wegen Kälte und Regen mit zugezogener Kapuze vom Parka und Halstuch drunter, so daß nur die Augen rausschauten. Es hat niemanden interessiert, trotz Schülern auf dem Radweg, die Paltz gemacht hatten.

kansas
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Registriert: Di 4. Jul 2023, 08:16

Re: Hemmungen unnötig

#3 Beitrag von kansas » Mo 13. Nov 2023, 16:20

Gast hat geschrieben:
Sa 11. Nov 2023, 17:47
Ich bin mit dem Rad in der Stadt gewesen, wegen Kälte und Regen mit zugezogener Kapuze vom Parka und Halstuch drunter, so daß nur die Augen rausschauten. Es hat niemanden interessiert, trotz Schülern auf dem Radweg, die Paltz gemacht hatten.
Genau, es interessiert niemanden. Genauso wenig, wie wen einer scheusslich tetoviert ist.
Oder wen einer jetzt bei der Kälte wie im Hochsommer angezogen ist, Shorts und TShirt.

JeansParka
Beiträge: 115
Registriert: Sa 20. Sep 2014, 12:27

Re: Hemmungen unnötig

#4 Beitrag von JeansParka » Di 12. Dez 2023, 15:31

"Ich selbst und viele von euch haben öfter von dem Schamgefühl geschrieben, die Kapuze vor den Eltern aufzuhaben, also besonders dann, wenn sie von jemand anderem oder von einem selbst aufgesetzt wurde. Meist hat man sie vor dem Heimkommen abgesetzt und unterwegs gehofft, nicht von ihnen oder Bekannten gesehen zu werden. Beim Nachdenken über verschiedene Situationen wird klar, wie völlig unnötig dieses Gefühl – zumindest bei mir - war."

Das glaube ich dir, dass für dich diese Hemmungen unnötig waren. Schließlich ist deine Mutter da so wie ich deine Beiträge wahrnehme, einfühlsam und kooperativ umgegangen. Es gab aber viele Kinder - 60er, 70er, 80er Kindheit, wo das anders war. und aus diesen Erfahrungen kommen dann natürlich die Hemmungen und Schamgefühle. Zunächst einmal ist das Thema Kopfbedeckung auch heute noch ein großes Thema bei Müttern mit kleinen Kindern. Google mal "Kind will keine Mütze"...ist immer noch aktuell. Nur den Erziehungstipp den es damals gab, der wird nicht mehr Empfohlen. Ich versuche mal frei einen Erziehungsratgeber aus der guten alten Zeit zu zitieren: "der vierjährige Sohn will obwohl es draußen kalt ist und er gerade eine Mittelohrentzündung überstanden hat auf dem Weg zum Kindergarten keine Mütze aufsetzen. Hier dürfen sie auch gegen seinen Willen ihm die Mütze aufsetzen, schließlich sind sie als Eltern für die Gesundheit ihres Kindes verantwortlich und können die Notwendigkeit einschätzen. Setzen sie ihm also auf jeden Fall die Mütze auf. Wenn er sie dann immer wieder vom Kopf reißt, dann ziehen sie einfach die Kapuze drüber und binden diese gut zu. Das Geschrei das daraufhin ausbricht wird vielleicht schwer auszuhalten sein, aber es wird von alleine aufhören wenn sie darauf nicht eingehen." So oder so ähnlich stand es in einem Erziehungsratgeber, den ich leider nicht mehr finde als Beispiel was man als Eltern darf um durchzusetzen was das Kind ggf. nicht will!
Und das haben wohl viele Kinder so oder ähnlich erlebt und dann bleibt jede Begegnung mit der Kapuze - auch wenn man sie zwischenzeitlich noch so mag - mit dieser Erfahrung verknüpft. Bei mir war es ja auch ähnlich, der neue Anorak mit Kapuze zu Weihnachten. Vorher hatte ich einen warmen Mantel ohne Kapuze. Bei der Anprobe war ich froh und erleichtert, dass die Kapuze nicht ausprobiert wurde. Irgendwie machte mir die Vorstellung Angst in die Kapuze "gequetscht" zu werden. Aber als es dann das erste mal mit dem Anorak nach draußen ging, da wurde mir die Mütze aufgesetzt, ich durfte in die Arme des Anoraks schlüpfen und obwohl ich sagte "brauch keine Kapuze" als meine Mutter mir diese aufsetzte, zog sie die Kapuze über die Mütze um dann den Reißverschluss zu schließen. Ich wiederholte noch einmal dass ich keine Kapuze brauche. Ich spürte sie deutlich. Damals waren die Kapuzen relativ eng geschnitten, so dass sie auch ohne Mütze nicht zu groß waren und meine Mütze war eine klassische Pudelmütze. Meine Mutter ging auf meine Worte gar nicht ein und ich dachte wohl irgendwie, dass sie mich nicht gehört hatte - ich war damals etwa 4 1/2 Jahre - und so zog ich die Kapuze einfach von hinten wieder runter. Dadurch wurde deutlich, dass meine Mutter mich doch gehört hatte. Zwar hat sie nicht direkt gesehen, dass ich die Kapuze runtergezogen habe, aber sie setzte sie mir natürlich übrigens ohne Kommentar sofort wieder auf nachdem die Mütze wieder zurechtgerückt war. Also zog ich sie wieder runter, diesmal so dass sie es sehen musste, in meiner Naivität in dem Glauben, dass sie dann merkt, dass ich keine Kapuze brauche (will) und ich dann so wie früher nur mit Mütze - Anorak statt Mantel zwar - raus darf. Statt dessen wurde meine Mutter ärgerlich und streng, weil ich offensichtlich nicht verstehen wollte, dass ich die Kapuze zu tragen habe, "unartig" bin, zweimal hat sie doch schließlich deutlich gezeigt, dass sie zu tragen ist. Und dann kam so etwas damals auch übliches wie 1. "so jetzt werden wir ja sehen, dass sie oben bleibt" beim stramm zubinden der Kapuze und tatsächlich gelang es mir nicht mehr diese vom Kopf zu ziehen, sie saß fest! Geschrei und bitten half auch nicht, statt dessen kam das übliche 2. "draußen ist es so kalt, da wirst du mir noch dankbar sein, dass du die Kapuze aufgesetzt hast."....und das Bitten wenigstens, das zubinden zu erlassen und die Schleife (Knoten oder Doppelschleife) wieder zu öffnen wurde streng erwidert, dass ich ja nicht brav bzw. "unartig" war und sie sich nur so darauf verlassen kann, dass die Kapuze bei der Kälte oben bleibt, nach dem Motto, das hast du dir selbst eingebrockt. Ja und diese Gefühle spielen später bei den Hemmungen eine Rolle, denn später durfte meine Mutter nicht merken, dass ich die Kapuze eigentlich inzwischen gerne trug und ich mich für mein damaliges zetern schämte. Und so konnte ich - wie wahrscheinlich viele Kinder auch - die Kapuze und das zubinden nicht rein pragmatisch oder angenehm sehen, es steckte immer etwas von Regeln durchsetzen, Macht, Kontrolle, Zwang und Strafe darin...und eben leicht zu kontrollieren. Als ich klein war, das wurde dann immer fest zugebunden, teilweise wohl auch mit Doppelschleife und ich war nicht in der Lage die Schleife zu öffnen und die Kapuze abzusetzen, damit war sicher, dass ich die Kapuze solange oben hatte bis meine Mutter die Schleife öffnete und das passierte in der regel erst wieder drinnen. Sie hatte unter Kontrolle dass ich "folgsam" war, sein musste. Dann kommt bei der Kapuze dazu, dass deutlich sichtbar ist, wenn man sie auf hat und meist auch wenn sie zugebunden ist. Erstens konnte meine Mutter sofort erkennen wenn es mir doch gelingen würde mich zu "befreien" und den alten Zustand wieder herstellen und zweitens konnten auch andere Kinder sehen, dass ich mit Mütze, Kapuze zugebunden, draußen war, dass ich dazu gezwungen war konnten sie zwar nicht sehen, aber das wusste ich mit 4 Jahren nicht und schämte mich auch vor anderen Kindern ein wenig, besonders wenn diese keine Kapuze trugen oder ihnen diese nicht zugebunden wurde , besonders unangenehm war es natürlich wenn meine Mutter in Gegenwart von anderen Kindern die Kapuze zuband und sogar noch darauf hinwies, dass ich ja unartig bin und sie sonst einfach vom Kopf ziehe. Das bedeutete dann höchste Scham vor Mutter und den anderen Kinder. Und natürlich kann man nicht nur auch von weiten gut sehen, ob die Kapuze brav getragen wird, sondern man spürt sie auch die ganze Zeit wenn sie stramm zugebunden eng am Kopf anliegt, erst Recht wenn noch eine Mütze dazwischen ist. Und so zur Grundschulzeit gab es klare Ansagen, "Kapuze wird aufgesetzt und zugebunden" bzw. wurde von ihr selbst so durchgeführt und es war verboten sie ohne ihre Genehmigung abzusetzen. Ja und ein Blick von weiten reichte als Kontrolle und spätestens beim reinkommen konnte sie sehen, ob die Schleife noch ordentlich gebunden so saß wie von ihr gemacht bzw. beim rausgehen. Und auch obwohl ich inzwischen die Kapuze gerne trug, so war es doch immer beklemmend und mit Scham verbunden wenn meine Mutter mir die Kapuze ordentlich zuband oder ich das in ihrer Gegenwart tat und selbst in Gegenwart anderer Kinder oder Erwachsener war es irgendwie ein komisches Gefühl auch wenn andere Kinder nichts dazu sagten - ging ihnen ja oft ähnlich - und Erwachsene wenn sie etwas sagten, lobend erwähnten, dass ich wirklich die Kapuze brav, vorbildlich, ordentlich, tragen würde und meine Mutter manchmal auch wenn ich die Kapuze gut zuband, lobend erwähnte, wie "artig" das wäre, anfangs verbunden mit einem "warum nicht gleich so" und später manchmal mit einem "und früher hast du dich so dagegen gewährt" . Beides mochte ich nicht und triggerte die Schamgefühle....sicher alles unnötig, denn eigentlich trug ich die Kapuze inzwischen gerne und eben auch gerne gut zugebunden und meine Mutter freute sich, dass ich "vernünftig" geworden war. Unnötig und doch blieb immer ein beklemmendes Schamgefühl mit zugebundener Kapuze in der Kindheit...

Und ich war bestimmt nicht der einzige, dem es bis in die 80er vielleicht auch 90er Jahre so ging. Ich war in den 20ern, also "Erwachsen" wie ich beobachtete, dass eine junge Mutter ihrem Grundschulkind darauf bestand die Kapuze der dünnen Nylonjacke (K-Way glaube ich) über die Mütze aufzusetzen. Es war Herbst und wurde wohl windig und kühler. Er wollte nicht so recht, so dass er dann schließlich bei ihr "antreten" musste. Und schwupp wurde die Kapuze ihm aufgesetzt, über eine Pudelmütze, was er sichtlich nicht mochte. Dann wollte sie ihm die Kapuze gleich zubinden und er bat darum dies ihm zu erlassen: "Bitte nicht, sie bleibt auch so oben". Es war ziemlich deutlich, dass es nicht der erste Konflikt um die Kapuze zwischen den beiden war. Aber schließlich meinte sie - ich glaube auch weil es in der Öffentlichkeit war und die Mutter einen Machtkampf fürchtete - das die Kapuze ja wirklich nicht zugebunden werden braucht. Der Junge spielte ne ganze Zeit dann weiter, teilweise auch mit seiner Mutter und an seinen Kopfverrenkungen konnte man erkennen, dass er hoffte damit die Kapuze vom Kopf runterbewegen zu können. Es war auf dem Sportplatz und er war aus der Gruppe in der die Mutter stand das einzige Kind und damit auch der einzige mit Kapuze, kein Erwachsener trug dort Kapuze. Wie gesagt, es war deutlich sichtbar, dass er eigentlich die Kapuze nicht tragen wollte, aber die Kopfverrenkungen halfen nicht und schließlich zog er sie sich mit einer schnellen Handbewegung einfach runter. Und da kommt das Besondere am "artig" sein bei der Kapuze. Selbst wenn die Mutter nicht gesehen hätte, dass er sie selbst runterzog, so war klar, dass sie schnell erkennen würde, dass die Kapuze nicht mehr auf dem Kopf ist und so war es auch sie rief ihn streng zu sich - hatte ein Problem mit der Öffentlichkeit, es ging um ihre Autorität zum einen, aber es fiel ihr auch schwer streng zu sein - und schimpfte etwas mit ihm, dass er die Kapuze abgesetzt hat. Der Junge versuchte das wirklich auf den Wind zu schieben aber das machte die Mutter etwas ärgerlich, das er wenigstens die Wahrheit sagen sollte. Und der Junge gab es dann auch zu, ich glaube er befürchtete schlimmeres wenn er bei der ersten Version geblieben wäre, es war wohl nicht das erste mal ein Kapuzenkonflikt zwischen Mutter und Sohn. Dann wurde ihm die Kapuze wieder aufgesetzt und als die Mutter zubinden wollte, da bat der Junge wieder um "Gnade", denn er mochte das nicht und versprach, dass er nun die Kapuze bestimmt aufbehalten würde und die Mutter hielt kurz inne besann sich dann aber - ich glaube das war der Öffentlichkeit geschuldet, allein mit ihm hätte sie sich wohl darauf eingelassen, aber hier ging es um ihre Autorität als Mutter vor Freunden und Bekannten, und sagte sie dann, dass sie die Kapuze nun zubinden werde während sie das tat versuchte zu erklären und Verständnis bei ihm zu bekommen, dass er ja nun durch etwas merken muss, dass er sich fehl verhalten hätte und deswegen einsehen müsse, dass er heute für den Rest des Spiels die Kapuze zugebunden zu tragen hätte, Morgen könnte man es dann vielleicht wieder ohne zubinden probieren stellte sie ihm in Aussicht. Ich stand ziemlich in der Nähe konnte jedes Wort gut verstehen und auch sehen wie beim Jungen die Schamgefühle aufstiegen. Er war ganz still, ließ das zubinden über sich ergehen, aber alle Heiterkeit, Fröhlichkeit, die er noch vorher beim spielen/toben auch ausgestrahlt hatte war weg und er mochte wohl wirklich nicht gerne Kapuze tragen, schon gar nicht zugebunden und ärgerte sich wohl auch über sich selbst, dass er die Kapuze runtergezogen hat, aber "Strafe muss sein" hat seine Mutter zu ihm gesagt und irgendwie sah er es wohl ein.

Das war eine Geschichte zu Kapuze auch als Gehorsam und Strafe, was ja dieses beklemmende Schamgefühl ausmachte, auslöste und es ging vielen Kindern so. Eine andere Geschichte, die Tochter von einer Kollegin ging schon zum Gymnasium, war wohl 11 oder 12. Es regnete und sie musste immer auf dem Schulweg an der Arbeitsstelle der Mutter vorbei, Sichtkontrolle war möglich und wurde gemacht. An dem Regentag erzählte die Mutter, dass die Tochter ihren neuen Regenanzug von AGU nicht komplett anziehen wollte, Regenhose und Kapuze zubinden war das Problem. Und so spannte sie alle irgendwie ein bisschen mit ein zu schauen wenn die Tochter mit dem Fahrrad vorbeifährt. Und dann kam die Meldung, jawohl, Tochter hat Regenhose an, Kapuze auf, zugebunden und ist geschützt! Die Reaktion der Mutter war nur:" Sie ist ja auch ein folgsames Mädchen" ..und genau darum ging es vielen Eltern eben auch, ich lege fest, die Regeln fest und du hast zu folgen und auch noch aus freien Stücken einzusehen, dass das alles zu deinem besten ist, auch wenn du das nicht magst. Und wenn du nicht einsiehst, dann gibt es andere Mittel. Hier - im Gegensatz zum Jungen aus dem anderen Erlebnis - war kein Zwang mehr erforderlich. Mittags als es nicht mehr regnete, kam die Tochter kurz in die Firma zur Mutter. Regenhose an, Kapuze aufgesetzt und beim eintreten noch zugebunden. Die Kleidung war kein Gesprächsthema und als sie wieder los wollte, da setzte sie sich die Kapuze noch im Büro wieder ordentlich auf und verschnürte sie auch gleich ordentlich, es schien wie selbstverständlich, aber ich glaube sie wollte keine Ermahnung riskieren in Gegenwart der Kollegen ihrer Mutter, jedenfalls wurde ihr Blick doch etwas unsicher als sie wohl bemerkte, dass ich sie dabei beobachtete. Gehorsam bei Kapuze, Strafe bei Kapuze oder einfach weil es praktisch, wärmend und schön ist, das kann man nicht sehen, aber ob sie aufgesetzt und zugebunden ist, das ist leicht zu kontrollieren und wem Kapuze und festes zubinden auch als Folgsamkeit eingefordert wurde und/oder gar bestraft wurde durch festes Zubinden, Doppelschleife oder Verknoten, manchen wurde sogar mit einer entsprechend langen Kordel die Kapuze im Nacken zugebunden, der verliert nicht dieses beklemmende Schamgefühl wenn die Eltern sehen wie brav er jetzt die Kapuze trägt. Ich habe nie anderen Kinder etwas dazu gesagt, wenn sie Kapuze trugen, dies mussten bzw. ihnen die sogar in meiner Gegenwart zugebunden wurde, das war dann einfach so, aber ich habe immer wieder eine Reiz gespürt, solche Szenen dann zu beobachten und zu erkennen ich bin nicht der einzige. Und doch habe ich nichts gesagt dazu, aber bewundert habe ich immer, wenn ein Kind -meist ein Mädchen - sich wie selbstverständlich die Kapuze aufsetzte und zuband oder die Mutter darum bat ihr bei der Kapuze zu helfen und sie zuzubinden. Und man sieht dann - wenn man diese Prozedur erlebt hat - ob es etwas von Gehorsam hat oder sich dieses Mädchen da wirklich gut behütet fühlt, die Augen verraten es und solche Mädchen habe ich immer beneidet, weil ich inzwischen ja auch es geliebt habe die Kapuze schön zugebunden zu tragen, aber es durfte keiner merken, schon gar nicht meine Eltern.

Besucher

Re: Hemmungen unnötig

#5 Beitrag von Besucher » Di 12. Dez 2023, 21:59

JeansParka hat geschrieben:
Di 12. Dez 2023, 15:31
... Beim Nachdenken über verschiedene Situationen wird klar, wie völlig unnötig dieses Gefühl – zumindest bei mir - war."
Das glaube ich dir, dass für dich diese Hemmungen unnötig waren. Schließlich ist deine Mutter da so wie ich deine Beiträge wahrnehme, einfühlsam und kooperativ umgegangen. ...
Hallo JeansParka,
schön, wieder von dir zu lesen. Da hast du völlig recht, dass diese Hemmungen bei mir unnötig waren. Meine Mutter konnte mich schon sehr gut einpacken, dann war es aber auch wirklich nötig. Wenn andere ihre Kinder aber übertrieben warm angezogen haben, dafür hatte sie kein Verständnis. Und es war auch so, dass sie Mützen gern mochte. Somit war das typische Bild bis zur Umstellung auf die Kapuze im Alter von ungefähr 14 oder 15 Jahren: Anorak mit Pudelmütze. Das hätte ich aber wohl ganz einfach auch anders bzw. abwechslungsreicher haben können. Als ich 10 oder 11 war - darüber habe ich schon geschrieben - wollte ich mit einem Freund mit dem Rad ins Hallenbad fahren. Wahrscheinlich war das in der Zeit, in der ich die Pudelmütze erst kurz vorher nicht mehr standardmäßig aufsetzen musste. Meine Mutter sah uns vor dem Wegfahren gerade noch im Hof und meinte, da ich keine Mütze aufhabe, soll ich auf jeden Fall beim Nachhauseweg meine Kapuze aufsetzen (mein Freund auch). Was hätte ich machen können? - "Ich kann sie ja auch jetzt schon aufsetzen. Zum Radfahren ist mir die Kapuze sowieso lieber als die Mütze." Dann wäre es raus gewesen!! Bei der nächsten Gelegenheit, zumindest was das Radfahren betrifft, hätte ich dann wieder die Kapuze ins Spiel bringen können. "Ich setz dann wieder die Kapuze auf, wie gestern (oder vorgestern, ...)
Weniger wahrscheinlich, aber evtl. möglich - da war ich wohl noch 2 oder 3 Jahre jünger: Ich sollte schnell etwas in der Nähe einkaufen gehen. Nachdem ich die Schuhe angezogen hatte, sagte ich: "Ich gehe jetzt." Meine Ersatzoma war auch da. Meine Mutter hätte mich wahrscheinlich einfach so gehen lassen, aber die Ersatzoma gab die Anweisung: "Anorak an!" Folgsam zog ich ihn an und zeigte mich wieder mit den Worten: "Ich gehe jetzt." "Kapuze auf!" waren die deutlichen Worte meiner Ersatzoma. Das machte ich brav, aber (Schamgefühl!") ich zeigte mich nicht mehr. Jetzt weiß ich nicht mehr, was am nächsten Tag war, aber vielleicht hätte ich beim Anziehen des Anoraks fragen können: "Auch wieder mit Kapuze?" Das wäre nur eine harmlose Frage gewesen.
Oder wie auch schon mal beschrieben: Als ich mich für eine Radtour fertig machte (Anorak und Pudelmüze) hatte ich mit großer Überwindung gesagt: "Damit es nicht so in den Nacken zieht, ziehe ich die Kapuze über." Und bevor meine Mutter mit der Idee eines Schals kommen konnte, hatte ich sie auch schon auf und fest zugebunden. Meine Mutter hat nichts dazu gesagt. Sie stand daneben und hat das somit voll akzeptiert. Warum habe ich nach dem Nachhausekommen nicht gesagt: "Das mit der Kapuze war gut. Das mache ich wieder."
Gerade in Verbindung mit dem Radfahren wäre das günstig gewesen. Da war sie ja nie dabei und da hätte ihr die (schöne!) Mütze dann auch nicht gefehlt. Sicherheitsbedenken hätte es auch nicht gegeben, denn, wie du auch geschrieben hattest, waren die Kapuzen damals anders geschnitten. Sie wurde natürlich zugebunden, saß aber auch ohne Zubinden gut und verdeckte die Augen nie. Wenn ich heute die Kapuze meines Steppanoraks über die Mütze ziehe, kann ich auch die Mütze drunter verschwinden lassen. Damals war noch ein breiter Streifen der Mütze zu sehen, wenn die Kapuze drüber kam.
Und das war auch wieder eine Schwachstelle von mir: Standard war wie erwähnt Anorak und Pudelmütze. Wenn meine Mutter es für nötig hielt, griff sie zur Kapuze, zog sie drüber und band sie zu. Auf dem Heimweg aber habe ich das nicht gemacht. Das wäre doch in diese kalten Jahreszeit eigentlich logisch gewesen. So viel wärmer war es ja in der Zwischenzeit auch nicht geworden, zumindest wenn es schon zwei Tage hintereinander waren. Und am nächsten Tag? Ich war untätig. Entweder setzte meine Mutter mir die Kapuze wieder auf oder nicht. Das hätte ich doch von mir aus machen können. Es wäre doch nicht abwegig gewesen, eigentlich sogar zu erwarten. Oder wenn mir meine Mutter an einem solchen kalten Tag die Kapuze über die Mütze gezogen hatte und ich am Nachmittag auch wieder mit dem Rad unterwegs war, warum nicht dann auch die Kapuze über die Mütze ziehen. Am Morgen wollte meine Mutter das doch auch. Wenn ich ganz mutig gewesen wäre und das Wetter tatsächlich viel besser ausgesehen hätte, hätte ich auch sagen können: "Ich glaube, es ist nicht mehr so kalt. Ich nehm nur die Kapuze." Aber das hätte ich mich wahrscheinlich doch nicht getraut.
Und wie du aus meinen Beiträgen entnommen hast, war meine Mutter einfühlsam und kooperativ*. Ich denke, das meiste von dem was ich gerade beschrieben habe, hätte ich tatsächlich verwirklichen können. Wie oft habe ich, wenn ich mit dem Rad unterwegs und in sicherer Entfernung war, mit die Kapuze aufgesetzt oder über die Mütze gezogen - immer mit dem Gedanken: Hoffentlich sieht mich kein Bekannter. Wie entspannt hätte es doch sein können!
* Das beste Beispiel: Nachdem die Kapuze die Regel wurde hatte sie, wie ich schon öfter erwähnte, die versteckte Kapuze abgetrennt, mit Plüsch gefüttert und außen so angenäht, dass sie auch ohne Mütze drunter fest zugebunden werden konnte, ohne in die Augen zu gehen. Nachdem sie mit dem Nähen fertig war - draußen war es nicht besonders kalt - meinte sie, ich solle mal eine Runde spazieren gehen und dazu meinen Anorak anziehen und die Kapuze aufsetzen! Das habe ich mir natürlich nicht zweimal sagen lassen und sie auch fest zugebunden.

JeansParka
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Re: Hemmungen unnötig

#6 Beitrag von JeansParka » Mi 13. Dez 2023, 13:02

"Und wie du aus meinen Beiträgen entnommen hast, war meine Mutter einfühlsam und kooperativ*. Ich denke, das meiste von dem was ich gerade beschrieben habe, hätte ich tatsächlich verwirklichen können. Wie oft habe ich, wenn ich mit dem Rad unterwegs und in sicherer Entfernung war, mit die Kapuze aufgesetzt oder über die Mütze gezogen - immer mit dem Gedanken: Hoffentlich sieht mich kein Bekannter. Wie entspannt hätte es doch sein können!"

Bei mir hätte es auch viel entspannter sein können, denn diese Schamgefühle waren ja bei mir. Für andere, ob Kinder, Erwachsene oder Eltern, war das einfach nur, er hat die Kapuze auf und auch wenn nicht einfühlsam, so war es für meine Mutter in Ordnung wenn ich die Kapuze eher einmal mehr auf und eher einmal mehr zugebunden hatte...und dann - wie gesagt - beobachtete ich ja auch manchmal Kinder, meist Mädchen, die wirklich wie selbstverständlich sich die Kapuze überzogen und gut zuschnürten oder auch die Mutter darum baten und gut und normal fanden. Wie gesagt ich war fasziniert auch etwas neidisch, denn während diesen (wenigen) Mädchen völlig egal war, ob sie so gesehen wurden oder nicht bzw. ob jemand beim Aufsetzen und zubinden zuschaute, so war mir das auch immer unangenehm und deinen Gedanken "Hoffentlich sieht mich kein Bekannter" kannte ich zu genüge. Allerdings ist für mich inzwischen klar, womit das bei mir zusammenhängt, nämlich wie beschrieben diese Erfahrungen der für mich als Strafe erlebte Konsequenz, die dann ja im Tragen der Kapuze sichtbar war für Jedermann, und diese emotionale Verbindung zwischen Kapuze/Konsequenz/Strafe und jeder kann es sehen war nie ganz aufzulösen.
Dazu fällt mir noch ein Erlebnis ein, dass dieses emotionale Problem auch verstärkt hatte und so ist es nicht nur einmal vorgekommen. Bevor ich zur Schule kam, in meinem Dorf war auch kein Kindergarten, wurde ich von meiner Mutter einfach mitgenommen, zum Einkaufen und all den Erledigungen, die nötig waren: EDEKA, Schlachter, Schuhmacher, Bäcker gab es alles im Dorf, mit dem Fahrrad zu erledigen...und so wurde ich für die Tour fertig verpackt in meinen neuen Anorak, heißt Mütze, Kapuze, zubinden und Handschuhe. Es war ja noch in der Zeit, wo mir die Kapuze zugebunden wurde, damit sie "auch oben bleibt"...und so musste ich da wo es schnell ging die drei Minuten so verpackt bleiben, während bei EDEKA mir die Kapuze erstmal geöffnet und abgesetzt wurde. Aber vor dem Verlassen des Ladens wurde ich natürlich wieder warm verpackt und verschnürt, wo ich mich immer versuchte mich ein wenig zu wehren. Ja und dann kam der Tag - es war sogar mit meiner Tanta und Cousine zusammen - wo wir den Laden betraten und meine Tante meiner Cousine die Kapuze abnahm während meine Mutter keine Anstalten dazu machte und ich deshalb fragte, ob sie mir auch die Kapuze....und noch bevor ich ganz zu ende gesprochen hatte kam die klare Ansage mit dieser beängstigenden Strenge im Ton:" Nein, deine Cousine ist ja immer vernünftig, aber du sträubst dich ja immer beim aufsetzen und machst Theater. Auf dieses Theater habe ich keine Lust mehr und deshalb bleibt die Kapuze so auf dem Kopf"...so in etwa waren die Worte und dann erinnere ich noch genau das es auf meine zweite Bitte, dass ich das nicht mehr machen würde dieses Theater, da blieb es bei der Maßnahme weil "wer nicht hören will, muss fühlen" und ich hatte ja oft genug Gelegenheit zu hören!...und was das schwierige für mich war, dass bei dieser danach öfter wiederholten Maßnahme andere Kunden, also auch Bekannte aus dem Dorf sehen konnten, dass ich die Kapuze zugebunden im Laden aufhatte und natürlich hatten viele, für mich gefühlt alle, die Begründung meiner Mutter gehört, meine Tante und Cousine in jedem Fall. In dem Moment wäre ich am liebsten vor Scham in den Boden versunken. Aber nie sagte jemand etwas dazu, eine solche Maßnahme war in der Zeit normal....und kam öfter vor, auch zum Beispiel bei der fünfminutigen Bahnfahrt in die nahegelegene Kleinstadt musste ich oft mit zugebundener Kapuze aushalten, wurde so gesehen von anderen, oft begleitet von der Begründung mit Worten, weshalb und jeder konnte oder ganz viele konnten es hören, dass es eine notwendige Maßnahme oder eben auch berechtigte Strafe für ungehorsam war. Ich glaube dass gerade diese Erfahrungen sehr dazu beigetragen haben, dass ich immer hoffte, dass ich keinen Bekannten wenn ich so verpackt war, treffen würde, was nur dadurch abgemildert wurde, wenn ich mit anderen Kindern zusammen unterwegs war, die genauso verpackt waren oder zumindest, als ich größer war, die Wetterlage das Kapuze zugebunden tragen eindeutig richtig machte, insofern war das Fahrrad fahren für mich optimal. Fahrtwind begründete sowohl den Schutz vor Kälte als auch das sie durch Zubinden oben blieb. Außerdem fühlte es sich gut für mich an wenn zu wissen, dass man an Bekannten doch schnell vorbeifahren kann und sie das gar nicht so genau sehen können wie beim Spaziergang oder gar als Kleinkind wenn man bei EDEKA vor der Kasse ansteht oder im Zug 5 Minuten so verpackt sitzt oder steht!...Und all diese Hemmnisse, obwohl ich inzwischen, irgendwann in der Grundschulzeit begann es, die Kapuze wirklich angenehm fand wenn sie sich wärmend und schützend eng um den Kopf beim Zubinden legte, nur beim Friesennerz mochte ich das nie!

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Re: Hemmungen unnötig

#7 Beitrag von Tanja » Mi 13. Dez 2023, 17:55

Ich bin seit einer Weile stille Mitleserin im Forum aber hab bisher noch nie was geschrieben, zum einen weil mein Bedürfnis mich mit fremden Leuten zu diesem Thema im Internet auszutauschen nicht ganz so stark ausgeprägt ist und zum anderen weil man als Frau in stark männerdominierten Foren für meinen Geschmack immer zu sehr Attraktion ist. Hierzu möchte ich aber gerne mal meine Erfahrungen schildern, die doch etwas anders sind als bei den meisten hier. Ich hatte meine Kindheit und Jugend größtenteils in den 80ern und für mich war Kapuze aufsetzen und auch zubinden etwas vollkommen selbstverständliches, nicht nur bei Regen sondern eigentlich immer wenn es kühl draußen war. Ich hatte immer auch ein wenig das Gefühl, dass zugebundene Kapuzen eher was für Mädchen sind weil ich häufiger Mädchen mit zugebundener Kapuze gesehen habe und Jungen eher mit Mützen, seltener mit Kapuzen und noch seltener mit zugebundenen Kapuzen. Noch heute haben zugebundene Kapuzen für mich etwas leicht feminines weil mich die Schleifen unterm Kinn ein wenig an Damenhüte des 19. Jahrhunderts erinnern, die auch unter dem Kinn zugebunden werden.

Jedenfalls war das für mich nie mit Scham oder Hemmungen verbunden sondern ganz normal. Im Erwachsenenalter habe ich weiterhin immer die Kapuze aufgesetzt und zugebunden, das wurde nie groß kommentiert, egal ob unter Freundinnen oder in Beziehungen. Auch heute wenn ich viel mit meinem Mann spazieren gehe habe ich natürlich immer die Kapuze aufgesetzt und zugebunden. Mein Mann hat nie die Kapuze auf, höchstens bei Regen. Das sehe ich bei anderen Paaren aber auch oft so. Oft hat die Frau die Kapuze auf, der Mann aber nicht, manchmal beide, aber nur selten hat der Mann die Kapuze auf und die Frau nicht. Ich denke dass das bei mir alles immer so unproblematisch war liegt vielleicht daran, dass es bei Frauen weniger auffällt weil man als Frau eben mehr friert und sich daher mehr einpackt.

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Re: Hemmungen unnötig

#8 Beitrag von Hessen63 » Mi 13. Dez 2023, 20:16

JeansParka hat geschrieben:
Mi 13. Dez 2023, 13:02
"Und wie du aus meinen Beiträgen entnommen hast, war meine Mutter einfühlsam und kooperativ*. Ich denke, das meiste von dem was ich gerade beschrieben habe, hätte ich tatsächlich verwirklichen können. Wie oft habe ich, wenn ich mit dem Rad unterwegs und in sicherer Entfernung war, mit die Kapuze aufgesetzt oder über die Mütze gezogen - immer mit dem Gedanken: Hoffentlich sieht mich kein Bekannter. Wie entspannt hätte es doch sein können!"

In sicherer Entfernung, das kenne ich doch von mir
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Re: Hemmungen unnötig

#9 Beitrag von kansas » Do 14. Dez 2023, 08:50

Es ist sch krass wie viele Hemmungen haben wegen harmlosen Kapuzen aussetzen.
Vor gar nicht so langer Zeit, liefen die Leute mit Windeln im Gesicht rum. Das sah oberdoof aus. Da laufe ich lieber im Hochsommer mit einem Regananzug rum.

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Re: Hemmungen unnötig

#10 Beitrag von Hessen63 » Do 14. Dez 2023, 09:14

kansas hat geschrieben:
Do 14. Dez 2023, 08:50
Es ist sch krass wie viele Hemmungen haben wegen harmlosen Kapuzen aussetzen.
Vor gar nicht so langer Zeit, liefen die Leute mit Windeln im Gesicht rum. Das sah oberdoof aus. Da laufe ich lieber im Hochsommer mit einem Regananzug rum.
Man sollte weniger daran denken was andere sagen oder meinen könnten. Sondern auf sich hören.
Gruß aus Hessen Heinz

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Re: Hemmungen unnötig

#11 Beitrag von Besucher » Do 14. Dez 2023, 13:35

JeansParka hat geschrieben:
Mi 13. Dez 2023, 13:02
... so war es für meine Mutter in Ordnung wenn ich die Kapuze eher einmal mehr auf und eher einmal mehr zugebunden hatte...und dann - wie gesagt - beobachtete ich ja auch manchmal Kinder, meist Mädchen, die wirklich wie selbstverständlich sich die Kapuze überzogen und gut zuschnürten ...
Das kenne ich auch. Bei meiner Mutter war das nicht so, aber bei der Mutter meiner Freunde (eine Freundin meiner Mutter). Wie schon mal beschrieben war ich dort. Ich hatte meinen leichteren Anorak mit der versteckten Kapuze an und zur Heimfahrt zog ich, da es schon abends war, wegen der besseren Erkennbarkeit meinen gelben Windbreaker über. Es war eigentlich nicht kalt, aber wegen dem Fahrtwind war ja sowieso die Kapuze aufzusetzen. Ich meinte dann, dass die Kapuze des Windbreakers reicht, aber da war die Mutter meiner Freunde anderer Meinung. Sinngemäß meinte sie: "Nein! Setz zuerst deine Anorakkapuze auf! Dann die andere drüber! Lieber etwas mehr als zu wenig." *)
Die Windbreakerkapuze hätte bestimmt gereicht, aber "zu Tode geschwitzt" habe ich mich mit der ohnehin dünnen Anorakkapuze drunter auch nicht.
Ich habe das auch gestern gesehen. Ich war mit dem Fahrrad in der Innenstadt, wo es also nicht windig ist. Die meisten Leute hatten nichts auf dem Kopf. Ich hatte die Kapuze meines Anoraks und die meiner Warnjacke aufgesetzt. Mir war es nicht zu warm. Es war einfach angenehm. Ohne hätte ich auch überlebt, aber so war es mir lieber.
Und wie du geschrieben hast, "die Kapuze eher einmal mehr auf und ... zugebunden". Wie ich auch schon mal berichtet hatte, sprach ich bei einem Ausflug mit einer befreundeten Familie über meinen neuen Anorak, und - wie ich es formuliert hatte, weiß ich nicht mehr - über die Kapuze. Es war weder kalt, noch windig, noch regnerisch. Als Reaktion auf mein Gespräch meinte der Vater: "Wenn man empfindlich ist, sollte man die Kapuze aufsetzen." Ich war zwar nicht empfindlich, zog sie mir aber sofort über. Ich denke, die meisten hätten gesagt: "Die brauchst du bei diesem Wetter aber wirklich nicht!", und damit hätten sie Recht gehabt. Uns ist sonst auch niemand mit aufgesetzter Kapuze entgegengekommen. Aber wie war es? - Die Mutter hat sie mir gleich zugebunden - so als ob das das Normalste von der Welt ist. Ich hatte sie auch auf der Rückfahrt im Auto aufgelassen und keiner hat gesagt: "Jetzt brauchst du sie aber wirklich nicht mehr."
*) Sie war in der Weise aber auch ein Vorbild. Ich habe sie einmal fragen hören, als sie raus wollte: "Reicht die Kapuze?" Ich habe sie nämlich auch oft mit einer Mütze unter der Kapuze gesehen und sie hat ihre Kapuze auch zugebunden.

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Re: Hemmungen unnötig

#12 Beitrag von JeansParka » Do 14. Dez 2023, 17:02

Tanja hat geschrieben:
Mi 13. Dez 2023, 17:55
Ich bin seit einer Weile stille Mitleserin im Forum aber hab bisher noch nie was geschrieben, zum einen weil mein Bedürfnis mich mit fremden Leuten zu diesem Thema im Internet auszutauschen nicht ganz so stark ausgeprägt ist und zum anderen weil man als Frau in stark männerdominierten Foren für meinen Geschmack immer zu sehr Attraktion ist. Hierzu möchte ich aber gerne mal meine Erfahrungen schildern, die doch etwas anders sind als bei den meisten hier. Ich hatte meine Kindheit und Jugend größtenteils in den 80ern und für mich war Kapuze aufsetzen und auch zubinden etwas vollkommen selbstverständliches, nicht nur bei Regen sondern eigentlich immer wenn es kühl draußen war. Ich hatte immer auch ein wenig das Gefühl, dass zugebundene Kapuzen eher was für Mädchen sind weil ich häufiger Mädchen mit zugebundener Kapuze gesehen habe und Jungen eher mit Mützen, seltener mit Kapuzen und noch seltener mit zugebundenen Kapuzen. Noch heute haben zugebundene Kapuzen für mich etwas leicht feminines weil mich die Schleifen unterm Kinn ein wenig an Damenhüte des 19. Jahrhunderts erinnern, die auch unter dem Kinn zugebunden werden.

Jedenfalls war das für mich nie mit Scham oder Hemmungen verbunden sondern ganz normal. Im Erwachsenenalter habe ich weiterhin immer die Kapuze aufgesetzt und zugebunden, das wurde nie groß kommentiert, egal ob unter Freundinnen oder in Beziehungen. Auch heute wenn ich viel mit meinem Mann spazieren gehe habe ich natürlich immer die Kapuze aufgesetzt und zugebunden. Mein Mann hat nie die Kapuze auf, höchstens bei Regen. Das sehe ich bei anderen Paaren aber auch oft so. Oft hat die Frau die Kapuze auf, der Mann aber nicht, manchmal beide, aber nur selten hat der Mann die Kapuze auf und die Frau nicht. Ich denke dass das bei mir alles immer so unproblematisch war liegt vielleicht daran, dass es bei Frauen weniger auffällt weil man als Frau eben mehr friert und sich daher mehr einpackt.
Hallo Tanja,
schön, dass du deine Beobachtungen mit uns teilst, die ich im wesentlichen bestätigen kann. Zum einen, dass zugebundene Kapuzen eher was für Mädchen waren und Mädchen damit auch weniger ein (emotionales) Problem haben/hatten und ihnen es gut möglich war, dass wärmende/angenehme/kuschelige wahrzunehmen und das auch selbstverständlich zu leben. Auch ich nehme heute das so wahr, dass man heute ab und an zwar Frau und Mann beide mit aufgesetzter Kapuze sieht aber viel öfter, dass die Frau die Kapuze auf hat und der Mann nicht. Allerdings sehe ich selten auch bei Frauen, dass die Kapuze zugebunden ist. Insofern bist du aus meiner Sicht schon eine Ausnahme wenn du auch heute (noch) viel mit deinem Mann mit zugebundener Kapuze spazieren gehst. In meiner Wahrnehmung tragen viele Frauen heute über der aufgesetzten Kapuze einen Schal um diese ein bisschen zu fixieren oder um wärmer zu bleiben. So ist es auch in meinen Freundeskreis. So trägt eine Freundin aus meinen Bekanntenkreis gerne auch Mütze und ein oder zwei Kapuzen darüber, wenn es richtig kalt ist auch mit Schal. Ich weiß, dass ihr schnell kalt wird und sie das so genießt, allerdings zubinden mag sie gar nicht, gibt ihr wohl ein Engegefühl oder würde ihr dann vielleicht doch zu warm werden. Da ist es dann tatsächlich so, dass sie manchmal Mütze, zwei Kapuzen plus Schal wenn es kalt und windig ist trägt und ich mit Mütze und zugebundener Kapuze sie begleite.
Was ich auch glaube wahrgenommen zu haben, dass es in den 80ern mit der Kapuze auch der zugebundenen Kapuze entspannter auch von den Kindern empfunden wurde und eher das wärmende, sinnvolle und praktische im Vordergrund stand, sprich das zwingende rausging. Ich denke, dass die Elterngeneration eine andere war. die Eltern der 60er und 70er Kindheit, so wie auch meine Eltern, sind bzw. waren oft Kriegskinder, die Hunger, frieren und mangelnde Schulische Möglichkeiten erfahren hatten und autoritäre Erziehung für selbstverständlich hielten. Ihre Maxime war, das Kind muss warm genug angezogen sein, muss genug gesundes Essen und in der Schule gut aufpassen, denn es soll es einmal besser haben als ich, in Klammern (ob es will oder nicht). Und so wurden wir, also viele, jedenfalls ich zu unserem Glück (die zugebundene Kapuze, das es genug zu essen gab und der Aufmerksamkeit in der Schule) gezwungen. denn auch die beiden anderen Themen waren Stressthemen. Bei der Kapuze ließ sich der Zwang besonders gut bzw. leicht durchsetzen, während Essen sich schon schwerer einfach reinstopfen ließ, besonders was man (ich) nicht mochte und der Druck, Zwang wegen der Schule, da verloren sie letztlich die Kontrolle. In den 80ern vermute ich, dass viele Eltern Nachkriegskinder waren, die eine andere Kindheit hatten, einen anderen Umgang mit ihren Kindern pflegten und so entspannter auch ihren Kindern die Kapuze bzw. den "richtigen" Umgang mit der Kapuze nahebrachten und so da Scham und Hemmungen gar nicht so aufkommen brauchten, es ging eher um frier ich oder nicht und trage ich lieber Mütze oder Kapuze und wenn ein Kind Kapuze wirklich nicht mochte, dann wurde es öfter respektiert, nach meiner Wahrnehmung und meinen Beobachtungen, wobei das insbesondere für Beobachtungen bei Kindern/Eltern in Sachen Kapuze der zweiten Hälfte der 80er gilt. So jedenfalls meine Wahrnehmung und meine Vermutung wie das zusammen hängt.

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Re: Hemmungen unnötig

#13 Beitrag von MrGeorge » Do 14. Dez 2023, 23:18

Hallo,

auch wenn ich Tanjas Meinung für zutreffend halte, so gibt es aus meiner Erfahrung noch einen Aspekt, der Frauen eher zu Kapuzen greifen ließ (zumindest in den 70er/80er Jahren). Die Frisur.

Eine Dauerwelle wurde unter einer Mütze, speziell Beanies, wei sie heute getragen werden, ziemlich zerdrückt und sah beim Absetzen der Mütze nicht mehr so toll aus. EIne Kapuze, die nicht zu eng am Kopf saß, konnte ums Gesicht aber durchaus enger zugebunden sein, weil zw. Kopf und Kapuze zumindest etwas Platz blieb, was bei gestrickten Mützen nicht der Fall war.

Logisch dass Männer mit Kurzhaarfrisur daher weniger Probleme mit einer Mütze hatten, und die Typen, die damals auch Dauerwelle trugen, wollte damit auch gesehen werden, und trugen daher weder - noch. Einer Frau reichte es oftmals, wenn die Frisur bei schlechter WItterung am Ziel (indoor) nicht zu zerstört war, sie wollte allerdings, weil ihr eben doch öfter kalt war, auch nicht ganz ohne Kopfbedeckung gehen.

So hab ich diese Zeit zumindest erlebt

Tanja

Re: Hemmungen unnötig

#14 Beitrag von Tanja » Fr 15. Dez 2023, 15:22

Ich muss bei allem dazusagen, dass ich aus Ostfriesland komme. In den 80ern waren zugebundene Kapuzen hier ziemlich normal wenn auch eher bei Mädchen und Frauen. Auch heute sieht man hier noch etwas mehr zugebundene Kapuzen als vielleicht im Ruhrpott. Frauen mit Schal über der aufgesetzten Kapuze sehe ich hier auch ziemlich oft, bei Männern so gut wie nie. Wenn ich friere trage ich selbst auch einen Schal zusätzlich um die zugebundene Kapuze.

In den 80ern habe ich allerdings nicht unbedingt die Erfahrung gemacht, dass zugebundene Kapuzen eine ganz lockere freiwillige Angelegenheit waren. Es wäre für mich überhaupt nicht drin gewesen mit offener Kapuze oder gar völlig ohne rauszugehen wenn es draußen kalt war oder auch nur ein wenig kühl und windig. Der Gedanke dass ich lieber eine Mütze als eine Kapuze tragen würde kam mir auch nie. Meine Mutter war da sehr streng und bestimmend und hat auch als ich schon im Teenageralter war mir oft noch selbst die Kapuze zugebunden. Dass eine zugebundene Kapuze Pflicht war und sein musste war mir immer klar aber ich wär nie auf die Idee gekommen, ausgerechnet dagegen zu rebellieren. Selbst mit 16/17 hab ich noch still gehalten und mein Kinn leicht angehoben wenn meine Mutter mir die Kapuze zugebunden hat. Auch wenn wir in einen Laden gegangen sind und meine Mutter gesagt hat, dass die Kapuze zu bleibt dann war das für mich Gesetz. Vielleicht war man da als Mädchen oft etwas braver und folgsamer als ein Junge aber ich mochte es immer sehr wenn mein Kopf in einer warmen Kapuze gut eingepackt war und die Schleifen unterm Kinn fand ich immer sehr hübsch und süß. Noch dazu konnte man als Mädchen da keine Scham und Hemmungen entwickeln weil man Niemandem beweisen musste dass man hart war, nicht fror und keine Kapuze nötig hatte. Im Gegenteil, es war meine ganze Schulzeit über bis zum Abi nichts ungewöhnliches, dass ich z.B. mit Freundinnen auf dem Schulhof stand und wir hatten alle unsere Kapuzen aufgesetzt und zugebunden. Zwar hatten die meisten ihre Kapuzen nicht so durchgehend zugebunden wie ich aber es war unter Mädchen schon üblich, dass man im Herbst und Winter draußen die Kapuze aufsetzt und gelegentlich zubindet. Es gab zwar auch Mädchen, die man oft ohne was auf dem Kopf oder mit Mützen sah aber das war nicht die Mehrheit.

Die Erfahrungsberichte von einigen hier lese ich immer sehr gerne weil ich mich oft selbst darin wiederfinde, z.B. das Mädchen, das in Regenhose und Regenjacke mit zugebundener Kapuze ihre Mutter im Büro besucht, das hätte auch ich sein können. Oder die Mutter, die ihrer Teenagertochter die Kapuze zubindet, ihre eigene Kapuze aber offen lässt, das war bei mir oft genau so. Meine Mutter hat sich nur gelegentlich die Kapuze zugebunden, meine wurde aber grundsätzlich immer zugebunden. Darüber wurde nie gesprochen aber vielleichte steckte da auch eine Machtdemonstration hinter oder meine Mutter wollte damit signalisieren, dass ich meine Kapuze nicht einfach nach Lust und Laune wieder absetzen darf. Was ich aber sowieso nie gemacht hätte, ich konnte sogar stundenlang mit meinen Eltern spazieren gehen ohne dass mich die zugebundene Kapuze gestört hätte. Wenn die Schnürung mit der Zeit lockerer wurde habe ich meine Mutter sogar oft gefragt ob sie mir die Kapuze wieder etwas fester zubinden kann.

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Re: Hemmungen unnötig

#15 Beitrag von MrGeorge » Fr 15. Dez 2023, 18:48

@ Tanja

Auch wenn das dann ein wenig o.t. ist, es gehört zu deinem letzten Bericht über dich und deine Mutter.

Darf ich fragen, was du sonst so getragen hast - oder tragen hast müssen?

D.h. war dein Outfit generell konservativ, oder darauf bedacht, dass dir immer warm genug war(oder im Zweifelsfall lieber etwas zu warm als zu leicht)?

Hat sich deine Mutter wenigstens bei der Kleidung als Vorbild erwiesen, war also gleich konservativ oder gleich warm wie du gekleidet?

Falls sie jedoch auch bei der Kleidung nur auf DICH geschaut hat, selbst aber einen anderen Stil getragen hat, ist dir das nie aufgefallen, bzw. hat dich das dann nie gestört, wenn sie von dir was verlangt hat, wozu sie selbst nicht bereit war?

Hast du Geschwister die dein "Schicksal" geteilt haben, oder warst du ein Einzelkind und gerade deshalb mehr unter dem strengen EInfluß deiner Mutter?

Trägst du heute neben den Kapuzen auch noch den gleichen Kleidungsstil (was konservativ bzw. warm betrifft, hast das also für dich "entdeckt" und nicht nur aufgezwungen bekommen?

Sorry, wenn ich so neugierig erscheine, das liegt aber nur daran, dass ich es auch bin ;) und daher kann ich nix dafür (glaub ich zumindest)

LG
Mr.G.

PS: Unter "konservativ" verstehe ich z.B. dass du trotz des eher oft stürmischen Wetters bei dir daheim immer oder eher einen Rock/Kleid mit SH hast tragen müssen, weil das ein Mädchen eben so macht. Oder warst du rebellisch und hast die Jeans für dich erobert?
Hat deine Mutter eher auf hoch geschlossene Kragenform bis zum Rollkragen geachtet, oder war ihr ein tief ausgeschnittenes Shirt egal, solang du deine Kapuze aufgesetzt und zugebunden getragen hast?

Besucher

Re: Hemmungen unnötig

#16 Beitrag von Besucher » Fr 15. Dez 2023, 19:39

Auch in meiner Kindheit war die Kapuze für viele etwas Selbstverständliches, so wie Tanja am Anfang auch schrieb. Als ich einmal bei einem Spielkameraden draußen spielte – ich kam dort ohne Anorak an – und als dann Wind aufkam und ich weiter draußen bleiben wollte, kam seine Mutter mit einem Anorak von ihm und zog ihn mir an, wobei sie mir wie selbstverständlich die Kapuze aufsetzte und zuband. Jahre später war ich bei einem Schulfreund und bekam mit, wie seine Mutter sah, dass sein kleiner Bruder draußen spielte. „Der hat ja gar nichts an.“, sagte sie, nahm seinen Anorak und zog ihm den an, wobei sie ihm auch die Kapuze aufsetzte, die durch einen Gummizug hielt, was damals wohl noch sehr selten war.
Oder als ich von Bekannten einen Anorak geschenkt bekam, aus dem ihr Sohn herausgewachsen war, zog sie ihn mir zur Anprobe an und stellte mich mit aufgesetzter Kapuze meiner Mutter vor.
Was die Empfindungen betrifft, so haben ein anderer Freund und ich, wie schon mal beschrieben, wenn wir im Winter auf Skiern herumgerutscht sind, uns, als wir außer Sichtweite waren, die Kapuze über die Mütze gezogen und natürlich rechtzeitig wieder abgesetzt. Ansonsten hat er seine Kapuze nicht selbstständig aufgesetzt. Bei einem anderen Spielkamerad kam nach einer Weile die Mutter raus und zog ihm die Kapuze seines Anoraks über und band sie zu. Ich fragte ihn danach, ob er das mag, was er bejahte. Aber selbstständig hat er sich seine Kapuze auch nicht aufgesetzt.
Ich hatte ich meinem Umfeld damals auch bei niemandem eine Verweigerungshaltung festgestellt. Natürlich mag es welche gegeben haben, aber mir sind keine solchen Szenen oder Diskussionen bekannt. Bei anderen genauso wie bei mir – der Griff der Mutter an die Kapuze, über den Kopf bzw. die Mütze gezogen, an der Kordel gezogen, zugebunden, fertig. Als ich etwas älter war, musste ich bei Regen meine Anorakkapuze selbst aufsetzen und zubinden und meine Mutter hat mir dann das Regencape übergezogen und diese Kapuze aufgesetzt und auch zugebunden.
Meine Schlussfolgerung aufgrund meiner Beobachtungen bzw. Erinnerungen ist, dass schon etliche Kinder die Kapuze mochten, aber Hemmungen hatten. Für die Eltern waren die Kapuzen jedoch eher emotionslos und etwas ganz Normales.

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Re: Hemmungen unnötig

#17 Beitrag von JeansParka » Fr 15. Dez 2023, 22:29

Tanja, so wie du das beschreibst, wie es für dich war und das eben da doch auch eine gewisse Strenge durch deine Mutter dahinter stand, dafür beneide ich dich etwas. Genau, das hätte ich mir von mir gewünscht als ich älter war, spätestens so ab etwa 8 oder 9, als ich bemerkte, dass ich es eigentlich mochte warm in die Kapuze eingepackt zu werden und diese dann ordentlich zugebunden zu bekommen. Ich meine damit, diese Situation einfach zumindest wie selbstverständlich annehmen zum Beispiel auch bei einem langen Spaziergang. Natürlich weiß ich wie ich ja beschrieben habe, warum das mir nicht möglich war. Wie geschrieben machte mir bei meinem ersten Kapuzenanorak, die Vorstellung Angst die Kapuze aufsetzen zu müssen und darauf ist meine Mutter einfach nicht eingegangen. Im Gegenteil durch das zubinden sogar mich sicher in die Kapuze trotz meiner Angst gezwungen und so war ja gefühlt irgend etwas mit mir nicht in Ordnung. Denn ansonsten war deine Mutter ja genauso streng und konsequent. Ich lebe in Schleswig-Holstein und nicht im Ruhrpott und hier war zugebunden Kapuze bis in die 90er auch normal jedenfalls bei Kindern und auch Jugendlichen. Ich erinnere mich, dass ich während der Ausbildung eine Mitauszubildende hatte, also etwa 16 oder 17 Jahre damals war, die in der Mittagspause im Herbst/Winter wenn sie rausging sich ganz selbstverständlich noch drinnen die Kapuze ihres Anoraks aufsetzte und zuschnürte und so dann ne halbe Stunde mit mir oder anderen Azubis spazieren oder einkaufen ging, genauso wenn sie während der Arbeitszeit die Post - war Aufgabe der Azubis- zum Postamt brachte. Mir war das aus bekannten Gründen nicht möglich wobei wohl auch als Junge eher ein Hemmnis war. Aber solange ich zur Schule ging, bei mir bis 16 erwartete meine Mutter die zugebunden Kapuze und eigentlich fand ich es angenehm, aber eben nicht so gesehen zu werden. Und du schreibst dass du auch fandest, dass du die Schleife unter dem Kinn auch ganz süß fandest, aber eben feminin. Und optisch fand ich tatsächlich, dass bei mir die Schleife eher "komisch" aussah, zumal bei meinen Anoraks, Parkas und auch beim Friesennerz, Kapuze oft so geschnitten war, dass die Schleife nicht unter dem Kinn sondern auf dem Kinn saß, das sah schon irgendwie komisch aus und war auch im Vergleich zu anderen Kindern eher selten. Allerdings vom Tragegefühl mochte ich das eigentlich lieber, denn unter dem Kinn verrutschte sie eher und dann gerne mal spürbar an den Hals was ich überhaupt nicht leiden konnte. Du schreibst, dass du auch noch als Teenager brav das Kinn hobst und dir von deiner Mutter die Kapuze zubinden ließt und sogar wenn die Schleife sich lockerte sie darum gebeten hast diese wieder fester zu binden. Wenn ich ehrlich bin beneide ich dich sehr darum weil ich es von der Sache in dem Alter eigentlich sehr schön fand die Kapuze eng gebunden zu bekommen, aber trotzdem, ich musste zwar auch noch mit 15, 16 die Kapuze zubinden, keine Chance das zu verhindern, erledigte ich das lieber schnell selbst, Hemmungen und genauso war es mir völlig unmöglich meine Mutter oder eine andere Autoritätsperson zu bitten die Kapuze wieder enger zu binden. Das war mir einfach peinlich, obwohl es eigentlich auch für mich schön gewesen wäre das gemacht zu bekommen. Wie gesagt ich beneide, nein ich möchte eher sagen, ich bewundere dich dafür, dass du trotz der Strenge deiner Mutter das so handhaben konntest und damit ja im Grunde dazu stehen, dass du gerne warm eingepackt warst, und zugebunden sich auch wohl gut anfühlte und auch gut aussah. Gerne hätte ich das auch so erlebt, aber vielleicht spielt hier neben der frühkindlichen Angst auch Junge/Mädchen eine Rolle.
Und so wie du beschreibst erinnert mich das bzw. erinnerst du mich an eine Szene, die ich irgendwann als Jungerwachsener in den 80ern beobachten durfte und wohl schon mal an anderer Stelle geschildert habe: Ich ging durch "meine" Kleinstadt und es fing leicht zu regnen an. Dann kamen aus einem Geschäft Mutter und Tochter und die Tochter war bereits im Teenageralter. Beide trugen einen Friesennerz und zogen sich sofort die Kapuze über den Kopp und zogen den Reißverschluss ganz hoch. Als die Tochter dann weiter gehen wollte sagte die Mutter energisch, vielleicht auch Streng:" Du bist noch nicht fertig" zur Tochter, die etwas stutzte. "Du hast die Kapuze nicht zugebunden" war dann die ermahnende Erinnerung und die Mutter drehte sich zur Tochter um und stand dann mit dem Rücken zu mir, so dass ich nur noch die Worte der Tochter aus der Entfernung hören konnte, als die Mutter der Tochter die Kapuze doch recht fest zuschnürte. "Wann muss man denn die Kapuze zubinden" fragte die Tochter währenddessen und hatte aber in keiner Weise ein Problem mit der Situation. Es war klar, Mutter bestimmt und dann ist es zu machen, also hob sie brav das Kinn will ich mal sagen und ließ sich wie selbstverständlich die Kapuze zubinden und während ich die Antwort der Mutter auf ihre Frage nicht verstand, so konnte ich die darauffolgende Bemerkung der Tochter natürlich deutlich verstehen, "also eigentlich immer" sagte sie und es wirkte so, dass sie künftig selbst dran denken wollte. Wie selbstverständlich gingen dann beide weiter und für die Tochter wirkte es problemlos, unbefangen, normal, dass sie mit zugebundener Kapuze sich auf den Weg machte und die Mutter die Kapuze lose auf dem Kopf hatte. Daran musste ich spontan denken als ich deine Worte las!

kansas
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Re: Hemmungen unnötig

#18 Beitrag von kansas » Sa 16. Dez 2023, 15:18

Hessen63 hat geschrieben:
Do 14. Dez 2023, 09:14
kansas hat geschrieben:
Do 14. Dez 2023, 08:50
Es ist sch krass wie viele Hemmungen haben wegen harmlosen Kapuzen aussetzen.
Vor gar nicht so langer Zeit, liefen die Leute mit Windeln im Gesicht rum. Das sah oberdoof aus. Da laufe ich lieber im Hochsommer mit einem Regananzug rum.
Man sollte weniger daran denken was andere sagen oder meinen könnten. Sondern auf sich hören.
Genau so ist es.
Solange man nicht nackt rumläuft oder Sexistisch belästig, darf man mit in der Freizeit ziemlich allem rumlaufen.
Am Arbeitsplatz sieht es natürlich anders aus.

Tanja

Re: Hemmungen unnötig

#19 Beitrag von Tanja » Sa 16. Dez 2023, 19:01

@MrGeorge

Mein Elternhaus war im Allgemeinen nicht besonders konservativ aber ich habe die 80er auch persönlich nicht so wahrgenommen, dass konservative Elternhäuser aus weltanschaulichen Gründen Mädchen gezwungen hätten, ausschließlich Röcke und Kleider zu tragen. Das war vielleicht in den 60ern noch verbreitet, in den 80ern dürfte es die Ausnahme gewesen sein, zumindest war mir persönlich kein Fall bekannt. Anders als in den darauffolgenden Jahrzehnten waren Röcke und Kleider aber im Alltag noch deutlich präsenter und es war ziemlich normal und selbstverständlich, als Frau Rock/Kleid zu tragen. Ich habe in meiner Jugend hauptsächlich Röcke und Kleider getragen, vor allem in den wärmeren Monaten, aber eben auch Jeans, das war kein Akt der Rebellion mehr sondern ebenso selbstverständlich. Es existierte beides nebeneinander. Bei meinen Freundinnen und anderen Mädchen in meinem Umfeld war es ähnlich, ich kannte keine, die ausschließlich Röcke und Kleider trug und nie eine Jeans aber auch keine, die nur Jeans trug und nie einen Rock oder ein Kleid. Heute halte ich es im wesentlich ähnlich wobei ich nur noch selten Jeans trage seit ich lange Jeansröcke für mich entdeckt habe.

@JeansParka
Ich glaube es hat damals beim Thema Kapuzen schon eine spürbare Geschlechtertrennung gegeben. Ich erinnere mich an viele Beispiele wo Familien zusammen spazieren gingen und die Frauen/Mädchen (zugebundene) Kapuzen trugen und die Männer/Jungen Mützen oder nichts auf dem Kopf. Es war natürlich nicht so dass man nie Jungen und Männer mit Kapuzen sah aber es war nicht so der Normalfall wie bei Frauen und Mädchen. Ich habe sogar mal mitbekommen wie ein Junge versuchte sich gegen das zubinden der Kapuze zu wehren indem er darauf bestand, das sei doch nur was für Mädchen. Vielleicht ist das auch der Grund warum Mädchen die Kapuze gerne mochten oder zumindest stillschweigend akzeptierten während Jungen ab einem gewissen Alter dagegen rebellierten. Ich erinnere mich auch noch dass es bei uns nicht unüblich war, sich in heiterer Stimmung unter Freundinnen auf dem Schulhof gegenseitig die Kapuzen zuzubinden. Bei Jungs hätte ich mir sowas nie vorstellen können und tatsächlich war es vor allem im Teenageralter so dass man bei entsprechendem Wetter ganze Mädchencliquen mit zugebundenen Kapuzen auf dem Schulhof sah aber nur selten einen Jungen.

In der Szene die du beschrieben hast kann ich mich sehr gut wiederfinden. Das war bei mir auch so dass meine Mutter mir immer die Kapuze zugebunden hat, bei sich selbst aber nur selten. Ich hab da nie nachgefragt aber rückblickend würde ich sagen, dass meine Mutter mir damit auch signalisieren wollte dass ich die Kapuze nicht einfach so nach Lust und Laune wieder abnehmen durfte, was durch das feste zubinden ja etwas erschwert ist, besonders wenn man noch Handschuhe trägt. Was ich an der Szene nur etwas komisch finde ist dass es da ein wenig so wirkt als habe die Tochter noch nie vorher von ihrer Mutter eine Kapuze zugebunden bekommen. Bei mir wurde da nie groß geredet. Meine Mutter hat sich einfach vor mich gestellt, die Bänder stramm gezogen und mit Doppelknoten und Schleife fest zugeschnürt. Ich hab auch nichts gesagt sondern einfach still gehalten und gewartet bis die Schleife unterm Kinn saß, dann gings ganz normal weiter.

Lax
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Re: Hemmungen unnötig

#20 Beitrag von Lax » Sa 16. Dez 2023, 20:49

Meine Kindheit und Jugend war ebenso in den 80ern. Das stimmt schon, dass es hauptsächlich Mädchen waren, die ihre Kapuze aufgesetzt getragen haben. In den 70ern wohl sogar noch eher zugebunden als in den 80ern. Bei mir war es Schamgefühl. Ich habe mich mächtig geschämt mit Kapuze und mit zugebundener Kapuze natürlich erst recht. Aber es gab damals Situationen in den auch meine Mutter ihrem Sohn ungefragt die Kapuze aufgesetzt hat. Wenn es zu kalt war oder eben beim Rodeln und spielen. Schlimm fand ich es ganz besonders, wenn andere Leute dabei waren und sehen konnten wie mir die Kapuze zugebunden wurde. Deshalb hatte ich gerne auch eine Pudelmütze auf. Turmhoch und wenn ich mir die Fotos heute so anschaue, ein modischer Fauxpas. Zu mindestens farblich. Schlupfmützen gab es ja auch und auch ich hatte welche, aber damit habe ich mich gefühlt wie mit einer Kapuze.
Ich war damals sehr schüchtern und nicht selbstbewusst. Ein Blick eines Mitschülers und ich war eingeschüchtert. Damit habe ich sehr lange gekämpft.
Es gab aber eben auch diese Ausnahmen. Ich glaube ich hatte es irgendwo schon geschrieben. Mein bester Freund hatte so wie ich mich erinnere, ständig eine Kapuze aufgesetzt. Da stand seine Mutter hinter und ihn hat es scheinbar nicht gestört. Wir hatten damals die gleichen dunkelblauen Snorkelparka aus Plastik. Er hatte da wirklich sehr oft seien Kapuze zugebunden bekommen.
Wenn ich vor seiner Haustür stand, erinnere ich mich noch wie er dann vor meinen Augen zugebunden wurde. Warum seine Mutter ihn so verpackt hat, hat uns Kinder/Jugendlichen nicht interessiert. Wir haben das so hingenommen und so mit ihm gespielt.
Jetzt kann man natürlich feststellen, dass das heute anders geworden ist. Ja natürlich. Alleine wie sich viele Kinder und Jugendlichen ihren Eltern gegenüber verhalten, das zeigt dass nicht alle Eltern ihre Kinder im Griff haben. In Cuxhaven-Duhnen bei Metscher, beim Essen. Eine Familie steht auf und zieht die Kinder an. Ein Kind etwa 6, hat sich geweigert die Jacke anzuziehen. Es war kalt und nass Draußen. Absolutes Jacken Wetter. Das Kind ist mit Pullover nach Draußen und die Eltern haben ihm die wirklich tolle Jacke hinterher getragen. Ich behaupte mal, dass hätte es wahrscheinlich nicht gegeben in der 70ern und 80ern. Da haben die Kids noch auf die Eltern gehört. Gut, aber zu mindestens deutlich besser als heute.
Ich habe in den letzten Jahren nur sehr selten gesehen wie einem älteren Kind oder Jugendlichen die Kapuze aufgesetzt wurde. Was meine Kinder betrifft, da bin ich sehr stolz, sie tragen Kapuzen und haben keine Probleme damit.
Mal schauen wie das in Zukunft weitergeht. Entwickelt sich die Kapuze weiter zu einem modischen Accessoire oder bekommt sie wieder mehr praktischen Zuspruch.
Ich habe letztens einen Bericht aus der kältesten Stadt der Welt in Sibirien gesehen. Da waren es -64° Celsius. Die Jugendlichen und Erwachsenen trugen alle Kapuzen, mit Mützen drunter. Selbst im Bus hatten alle die Kapuzen aufgesetzt und waren dick verpackt. Das sah mal toll aus.

Lax

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